Der US-amerikanische Hersteller von Elektro-Lastwagen, Nikola Corporation, hat Insolvenz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts beantragt. Nach Jahren finanzieller Schwierigkeiten und einem massiven Vertrauensverlust durch Betrugsvorwürfe gegen den Gründer Trevor Milton zieht das Unternehmen nun die Konsequenzen. Der deutsche Automobilzulieferer Bosch gehört mit einer offenen Forderung von 13,3 Millionen US-Dollar zu den größten Gläubigern.
Nikola wurde 2014 mit dem ambitionierten Ziel gegründet, den Schwerlastverkehr mit wasserstoffbetriebenen und batterieelektrischen Lkw zu revolutionieren. 2020 gelang der Börsengang über einen SPAC-Deal, der das Unternehmen kurzzeitig mit mehr als 30 Milliarden US-Dollar bewertete – ein höherer Wert als etablierte Hersteller wie Ford. Doch schon bald folgten Skandale und Zweifel an der technologischen Reife der Fahrzeuge.
Besonders schwer wog ein Bericht des Analysehauses Hindenburg Research aus dem Jahr 2020. Darin wurde Nikola vorgeworfen, Investoren über den Fortschritt seiner Technologien getäuscht zu haben. Ein bekanntes Beispiel war ein Werbevideo, das einen fahrenden Lkw zeigen sollte – tatsächlich rollte das Fahrzeug lediglich einen Abhang hinunter. Diese Enthüllungen führten zum Rücktritt von Gründer Trevor Milton, der 2022 wegen Wertpapierbetrugs zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.
Trotz laufender Produktion blieb die Nachfrage hinter den Erwartungen zurück. Im dritten Quartal 2024 konnte Nikola lediglich 88 wasserstoffbetriebene Lastwagen an Händler ausliefern. Gleichzeitig führte ein sicherheitsbedingter Rückruf batteriebetriebener Modelle dazu, dass nur noch 78 Fahrzeuge auf dem Markt waren. Die finanzielle Lage spitzte sich weiter zu: Während das Unternehmen 2024 einen Umsatz von etwa 24 Millionen US-Dollar erwirtschaftete, belief sich der Verlust auf über 800 Millionen US-Dollar.
Um das drohende Aus abzuwenden, versuchte Nikola noch Ende 2024, durch Aktienverkäufe und Schuldtitel 300 Millionen US-Dollar zu generieren. Doch diese Maßnahmen reichten nicht aus, um den Geschäftsbetrieb langfristig zu sichern. CEO Steve Girsky räumte ein, dass wirtschaftliche Herausforderungen und fehlende Investitionen die Zukunft des Unternehmens unhaltbar machten.
Mit dem Insolvenzverfahren hofft Nikola, seine Vermögenswerte zu verkaufen oder eine Restrukturierung einzuleiten. Das Unternehmen verfügt noch über rund 47 Millionen US-Dollar an liquiden Mitteln, um den laufenden Betrieb bis Ende März 2025 aufrechtzuerhalten. Sollte kein Käufer gefunden werden, droht jedoch die vollständige Abwicklung.
Nikolas Scheitern ist ein weiteres Beispiel für die schwierigen Marktbedingungen im Bereich emissionsfreier Nutzfahrzeuge. Bereits andere Start-ups wie Lordstown Motors und Fisker mussten in den letzten Jahren Insolvenz anmelden. Hohe Entwicklungskosten, fehlende Lade- und Wasserstofftankstellen sowie ein zurückhaltendes Investitionsklima stellen große Herausforderungen für die Branche dar.