Noch vor wenigen Monaten kündigte Ilkem Sahin, Chef der türkischen IS Holding, große Pläne für die traditionsreiche Spezialpapierfabrik Ober-Schmitten (SPO) an. Sahin versprach nicht nur Investitionen von 500 Millionen Euro, sondern auch neue Arbeitsplätze und die Entwicklung einzigartiger Produkte. Seine vollmundigen Ankündigungen stießen bei der Belegschaft und den Lokalpolitikern zunächst auf positive Resonanz. Doch die Realität sieht heute ganz anders aus: Die ISHPaper GmbH und die SPO haben Insolvenz angemeldet, und die Zukunft der über 200 Jahre alten Papierfabrik ist ungewiss.
Das Amtsgericht Friedberg hat Jan Markus Plathner von der Kanzlei Brinkmann & Partner als vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt. Plathner, der bereits in der Papierbranche tätig war, steht nun vor der Herausforderung, die Lage bei der SPO zu sondieren und mögliche Lösungen zu erarbeiten.
Die Übernahme der Papierfabrik durch die ISHPaper GmbH im Jahr 2023 schien zunächst wie eine Rettung in letzter Minute. Sahin und sein Geschäftspartner Karani Gülec erwarben den Betrieb von dem US-Unternehmen Glatfelter, das die defizitäre deutsche Niederlassung schließen wollte. Die Übernahme erfolgte offenbar für den symbolischen Preis von einem Euro. Trotz der hohen Vermögenswerte, die im Kauf enthalten waren, übernahm die IS Holding auch erhebliche Verbindlichkeiten.
Die Investoren stellten sich im September 2023 der lokalen Bevölkerung vor und betonten, das Unternehmen wie einen Familienbetrieb führen zu wollen. Sie planten Kooperationen mit Hochschulen und die Entwicklung innovativer Produkte, um die Papierfabrik wieder wettbewerbsfähig zu machen. Diese Pläne schienen vielversprechend, doch schon bald begannen Zweifel an der Umsetzung zu wachsen.
In den letzten Monaten verschlechterte sich die Stimmung sowohl im Unternehmen als auch in der Gemeinde. Die Kommunikation zwischen den türkischen Investoren und der Belegschaft ließ zu wünschen übrig, und auf einer Betriebsversammlung Anfang Juli wurden kritische Fragen kaum beantwortet. Diese Unsicherheiten führten zu einem wachsenden Misstrauen gegenüber den neuen Eigentümern.
Besonders alarmierend war die Nachricht, dass die Löhne und Gehälter für den Monat August nicht ausgezahlt wurden. Die Gewerkschaft IGBCE Mittelhessen bestätigte, dass die Mitarbeiter nun wohl Insolvenzgeld erhalten werden.
Die Insolvenz der hessischen Papierfabrik reiht sich in eine Serie von finanziellen Misserfolgen der IS Holding ein. Erst im vergangenen Jahr übernahm Sahin den Felgenhersteller BBS aus der Insolvenz, doch auch dieses Unternehmen musste im Juli 2024 erneut Insolvenz anmelden. Die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Sanierung der SPO sind damit weitgehend zerschlagen.